Die neue Seo-Grammatik und ihr primitiver Sterbe-Fall

Den folgenden Artikel widme ich allen geschundenen Textern, die unter der Knute der SEO-Tools leiden müssen. Ich führe hiermit den sechsten Kasus in der deutschen Sprache ein, den Sterbe-Fall. Dieser Fall tritt ein, wenn Texter sich von Tools vorführen lassen müssen – im wahrsten Sinne des Wortes – wie sie einen Text zu schreiben haben. Keyword-Density und Flesch-Index lassen grüßen. Entstanden ist der Artikel, als ich beim Testen eines Content Editors einen Demotext ersonnen habe. Warnung, die folgenden 197 Wörter in 11 Sätzen erreichen einen Flesch-Index von 40 und sind damit schwer verdaulich.

Der Sterbefall und die Sterbegeldversicherung

Mit einer Sterbegeldversicherung liegen Sie im Sterbefall immer richtig. Während Sie unter der Erde liegen, tanzen die Erben über ihrer Nase den Freudentanz. Ohne Rücksicht auf die Wartezeit im Trauerfall. Die Versicherungssumme wird verjubelt, noch bevor der Versicherer den Hinterbliebenen auch nur den ersten Euro an Sterbegeld schicken konnte. Das hätten sie damals bei der Beantwortung ihrer Gesundheitsfragen nicht erwartet ;-)

Ewig unbeantwortet bleibt wahrscheinlich die Frage, ob der Unfalltod ohne die Sterbegeldversicherung und insbesondere die zwei attraktiven Lebensversicherungen überhaupt erfolgt wäre. Wer lässt schon sehenden Auges einen 95 jährigen Versicherungsnehmer auf einer wackeligen Leiter in die Krone eines Pflaumenbaumes klettern, wenn er/sie wüsste, dass im nicht versicherten Todesfall die Bestattungskosten einen ruinieren könnten.

Sollte es Ihnen nicht zu denken gegeben haben, dass die Leiter ein doch etwas unerwartetes Weihnachtsgeschenk der Kinder war und dass im Januar eher selten Pflaumen auf den Bäumen gefunden werden. Wahrscheinlich hat die Diagnose Alzheimer bei der letzten Gesundheitsprüfung dann für den letzten Anschub gesorgt. Aber daran werden Sie sich wohl nicht mehr erinnern. Genau so wenig wie an die Höhe der Versicherungssumme, die eine Millionen Euro waren für eine Bestattung bzw. Bestattungsvorsorge schon ungewöhnlich hoch angesetzt.

Viel Zeit ist seit meinem Artikel „Der SEO ist dem Genitiv sein Tod“ verstrichen. Über 10 Jahre ist es her. Seinerzeit beklagte ich den Tod des Genitivs, es ging also schon damals um einen Sterbefall. Diesem Artikel ließ ich ein halbes Jahr später mit dem Primitiv den „fünften SEO-Fall“ folgen. Damit kommen wir auf insgesamt fünf Fälle in der neuen deutschen Sprache: den Nominativ, den Genitiv, den Dativ, den Akkusativ und last but not least den Primitiv.

Doch dieser Primitiv stirbt langsam aus. Suchmaschinen wie Google machen ihm den Garaus. Dank maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz werden die alten SEO-Regeln eingerissen und die natürliche Sprache bricht sich wieder ihre Bahn. Storytelling ist in, Keyword-Vergewaltigung und Primitiv sind out. Doch ganz lässt sich der SEO in uns allen nicht aussperren. Neue Tools mussten her, um auf der neuen deutschen Welle mitsurfen zu können. Content-Editoren wurden geboren, die Textern und Redakteuren das Leben erleichtern sollen. WDF*IDF wurde zu SEOs Traum – und Texters Albtraum.

PS: Diese Tool-Schelte erfolgt mit einem lachendem und einem weinendem Auge. Ohne die Hilfe des SEO-Text-Editors und seiner Keyword Vorschläge, wäre ich nie auf die Idee zu diesem Artikel gekommen. Diese Tools können einen Texter beim Denken und Schreiben einschränken. Sie können aber auch Worte einen Reigen der Kreativität tanzen lassen.

12 Gedanken zu „Die neue Seo-Grammatik und ihr primitiver Sterbe-Fall“

  1. Guter Artikel. Noch nie haben wir beim Schreiben auf Tools gehört. Die jucken uns gar nicht. Das wir schon immer für unsere Kunden bzw. deren Kunden und deren Bedürfnisse geschrieben haben zahlt sich seit langem enorm aus!! Dank an unsere Redaktion – alles richtig gemacht. Einfach für den Leser schreiben und fertig. Das geht auch unter Einbeziehung von Marketing, Vertrieb etc. Isch schwör alder! Das get!

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  2. Hi Gerald,

    Klasse Text, der das seologisch Wichtigste zum Thema enthält – wobei bei Dir der Inhalt mal wieder unschlagbar ist. Ick freu mir wirklich, mal wieder was von Dir zu lesen.

    Meinen seo-marketing-blog.de habe ich anlässlich der DSGVO-Spinnereien spontan dicht gemacht und umgeleitet. Sonst wäre ich diesen Dezember (wie Du schon im September) auch beim 13ten Jubiläum angekommen. Schön, dass Du trotz aller Widrigkeiten durchgehalten hast ;-)

    SEOldie-Grüße vom Berliner Randacker,

    Frank

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  3. Schöner Artikel Gerald!
    Man sollte nicht auf Tool setzten, denn bei der jetzigen SEO Entwicklung sind diese schnell veraltet. Stattdessen einfach guten Content schreiben, und dadurch Verweildauer etc. zu erhöhen.

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  4. Oh du schöner SEO-Traum,
    der Algo reißt den Pflaumenbaum.
    War doch immer Content King,
    und – wo isser jetzt – der Sinn?
    Wer nicht erliegt, den Nebelleuchten,
    die Google spinnt, im Dunkelfeuchten,
    der ist Helle und erkennt auf die Schnelle,
    dass Geld verdienen im Internet,
    So schön doch wär – gäbs Google net!
    Wer nimmt die Anteile ohne Transparenz?
    Google – und wer’s net weiß, hat die Änderungen in AdSense verpennt.
    Ob YouTube-Star oder BiBi-Bra,
    Alle laufen darauf auf.
    Und ohne sich zu versehen,
    kämpft man für Google ums Wohlergenen.
    Sicher, es geht immer um die eigene Haut,
    aber wem hat das Finanzamt nicht schon die Bilanz versaut?
    Mir schon! Ich geb’s gern zu. Seitdem bin ich mit Denen im Finanzamt per Du.
    Der 328 Kombi ging an die Steuer,
    ab da war mir das nicht mehr geheuer.
    Um TRUST geht’s auf der ganzen Welt,
    auch wenn das weder Politik noch Google gefällt.
    Darum muss jeder etwas tun,
    mit dem Gewissen muss man ruhen,
    und Alle wollen nur Eins: das Geld!
    Selbst wenn es niemand zugibt oder gefällt,
    wir alle sitzen im gleichen Boot,
    und Anpassung tut Not.
    Drum SEOs – wollt ihr weiter gut schlafen?
    Dann macht kein SEO für Herrn Maaßen!
    Und andere Bösewicht nicht
    und damit endet mein Gedicht.

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  5. hahahaha… Du nutzt ja noch das Unwort „Keyword-Density“ ;-)))
    In der tat, lassen wir uns (mich eingeschlossen) zu sehr von Tools leiten. Das gilt aber nicht nur für Content, sondern auch für Visibility, Backlinks und Site Performance. Aber der Oberkracher ist das Gedicht von SEOwoman!!! I love that ;-)))

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  6. Finde es klasse, wie humorvoll dieser Artikel doch ist. Der größte Nachteil des Primitiv, wie er leider immer noch oft der Fall ist, ist der Einfluss auf die User-Experience und bei Kundenbetreuung auch der tatsächliche Wert für diese. In-authentische Texte machen mich als Leser dann doch schon sehr oft skeptisch. Ich versuche die Keyword Dichte zwischen 1 und 2% zu halten, wenn es ein sehr kurzes Keyword sein soll, dann auch mal 3%. Keywords im Content sind aus meiner Erfahrung sowieso etwas überbewertet. Viel lieber bringe ich diese in Überschriften unter, wo sie mehr Ranking-Einfluss haben und die oft sehr abgehackte Natur von tatsächlichen Suchbegriffen mit Traffic, den Lesefluss nicht ganz so unnatürlich stört. Im Inhalt selber dann gerne auch mal die LSI Version.

    Einen netten und anregenden Beitrag hast du da verfasst. Vielen Dank! ;-)

    Auch ein Ansporn, die Schreib-Kenntnisse nochmal zu überarbeiten.

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  7. Schöner Artikel, humorvoll formuliert und auf den Kopf getroffen, schön auch das Gedicht von Dir Seowoman, wenn man merkt das man mit manchem ärger nicht alleine ist, funktioniert das Texten doch gleich viel besser. You made my Day, Danke

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  8. Danke für den Artikel, habe sehr gelacht! Wir lassen uns beim Schreiben von Texten allerdings auch nicht alles von Tools diktieren. Als Unterstützung gerne aber die Qualität sollte im Vordergrund stehen (wie es uns Google ja auch alltäglich predigt).

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  9. Hallo Gerald,

    super Artikel. Und auch wenn ich denke, dass man, wenn man für einen Kunden einen Artikel so ausführlich wie möglich verfasst, alle wichtigen und relevanten Keywörter und Suchbegriffe automatisch einbaut, verblüffen mich bei manchen Tools dann doch die Vorschläge zur Verbesserung dieser Texte. Keyworddichte über 2% kann man kaum noch normal lesen in meinen Augen und ist in den meisten Fällen zum Glück auch nicht notwendig. Aber es ist schön, dass es weitere SEOs oder Online Marketeer gibt, die der ganzen Sache mit einem weinenden und lachenden Auge entgegen sehen ;-)
    Weiter so.

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